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Lilian aka Ream AFC (Altonaer Female Crew), 2001.

TALK: Flygirls? – Frauen im Graffiti

Donnerstag, 4. Mai 2023, 19:30 Uhr. 
Im Großen Hörsaal im Museum für Hamburgische Geschichte. 

Reine Männersache? Von Flygirls und Female Crews. Frauen im Graffiti

Welche Rollen spielten Frauen in der Graffitiszene in den 1980er Jahren – und welche spielen sie heute? In der Gesprächsrunde „Flygirls? – Frauen im Graffiti” spricht die Moderatorin Anke Rees mit Jennifer Kauka und Lilian aka REAM, die Teil der Hamburger Szene waren bzw. sind, sowie mit Friederike Häuser, die das Phänomen Graffiti wissenschaftlich untersucht. Der Talk findet am Donnerstag, den 4. Mai 2023 um 19:30 Uhr im Großen Hörsaal des Museums für Hamburgische Geschichte statt. Der Eintritt ist im Ticketpreis enthalten.

„Lady Pink“, die seit Mitte der 1970er Jahre zur frühen Graffitiszene New Yorks gehörte und heute die wohl bekannteste Graffiti-Pionierin überhaupt ist, sagte unlängst in einem Interview, dass Graffitisprühen für Frauen, eine größere Herausforderung sei als für Männer. Nachts unterwegs zu sein, stelle für sie schlicht ein ungleich höheres Sicherheitsrisiko dar. Und dennoch: Sie könne Frauen nur ermutigen, „ihr Ding zu machen“ und sich nicht einreden zu lassen, Writing sei nichts für Frauen.

Mit diesem Aufruf macht „Lady Pink“ darauf aufmerksam, das Writerinnen seit Jahrzehnten neben der Frage der persönlichen Sicherheit noch eine weitere Hürde zu überwinden haben, die für Männer nicht gilt: Sie müssen sich immer wieder nicht nur für ihre Kunst, sondern auch für ihr „Frau-Sein“ rechtfertigen. Denn seit ihren Anfängen sind die Hip-Hop- und die Graffitiszene – sowohl in den USA als auch in Deutschland – von Männern dominiert.

Janis, wie sich Tirana nennt, posiert vor einem ihrer Werke. Um 1989. | Foto: Tirana Sullivan / Courtesy: EINE STADT WIRD BUNT / MHG, SHMH

Janis, wie sich Tirana nennt, posiert vor einem ihrer Werke.
Bei der Spedition Glomm in Hamburg-Eidelstedt, um 1989.

Silke (End two) aus München, Martina (Tina B.) aus Düsseldorf und Diana, auf der „Rock da House ´89“ Jam im Flachsland in Barmbek. | Foto: Jennifer Kauka / Courtesy: SHMH, MHG, EINE STADT WIRD BUNT.

Silke (End two) aus München, Martina (Tina B.)
aus Düsseldorf und Diana, auf der „Rock da House ´89“
Jam im Flachsland in Barmbek. | Foto: Jennifer Kauka

Davon zeugt auch die Ausstellung „EINE STADT WIRD BUNT.“: Es sind vor allem junge Männer, die hier Geschichten erzählen, die auf den Fotos zu sehen sind, deren „Blackbooks“ in den Vitrinen liegen, die breaken, rappen oder Platten auflegen. Ironischerweise werden Frauen hier erstmals wirklich sichtbar, als BRAVO, ZDF und andere große Medien „Breakdance“ zu einer Art Fitnesssport erklären, um ein Massenpublikum zu unterhalten. Die Szene aber, die sich selbst, wenn auch nicht als politisch, so doch als antibürgerlich sah, blieb ein Patriarchat.

Das mag auch damit zu tun haben, dass Rap, DJing, Breaking oder Graffiti ursprünglich auch dazu dienen sollten, die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Gangs in Vierteln wie der New Yorker Bronx in kreative Bahnen zu lenken. Vor allem das „Battle“ zwischen Rappern, DJs, Breakern oder Writern, ist zwar eine Auseinandersetzung mit künstlerischen Mitteln, zugleich aber eine Form des Duells, das mit als männlich identifizierten Attributen wie Aggression und Kampfeslust inszeniert wird. 

Das heißt nicht, dass es keine Frauen in der Szene gab. Davon kann Jennifer Kauka erzählen, die seit den späten 1980er Jahren Teil der noch jungen Hamburger Graffiti- und Hip-Hop-Szene war – ohne allerdings selbst Writerin zu sein. Für sie zählte die Verbundenheit innerhalb der Clique, das gemeinsame Abenteuer. Ob beim Abhängen am “Corner”, beim Malen oder Feiern: Kauka war immer mit dabei – und stand bei zahlreichen Aufnahmen, die in der Ausstellung oder im gleichnamigen Buch zu sehen sind, hinter der Kamera.

Mit den Jahren jedoch, auch davon erzählt „EINE STADT WIRD BUNT.“, wandelte sich das Bild ein wenig. Die Zahl der Rapperinnen, DJanes, Tänzerinnen und Writerinnen – in Hamburg und anderswo – nahm zu. Gerade in einer männlich dominierten Subkultur ist das ein deutliches Indiz für die schleichende Veränderung von Geschlechterrollen. In Hamburg markierte die Gründung der „Altona Female Crew“ (AFC), der ersten weiblichen Graffiti-Gruppe, diesen Wandel. Zu den damaligen Gründerinnen gehörte Lilian aka REAM, die bis heute als Writerin aktiv ist, und auf ihrem Weg sowohl Ausgrenzung als auch Unterstützung durch männliche Writer erfahren hat.

Eng mit der Szene verbunden ist die Kriminologin Friederike Häuser, die sich seit vielen Jahren mit den politischen Dimensionen von Graffiti beschäftigt. Sie ist Herausgeberin von zwei wissenschaftlichen Sammelbänden, in denen sie gesellschaftliche Einflussgrößen auf die Szene und soziale Dynamiken innerhalb der Szene untersucht.

Gemeinsam mit der Moderatorin, der Autorin und Stadtforscherin Anke Rees, wollen die drei Frauen der Frage nachgehen, inwiefern sich die Rolle der Mädchen und Frauen im Graffiti über die Jahre verändert hat – und wie diese Entwicklung bis heute zu bewerten ist.

Infos

Donnerstag, 4. Mai 2023, 19:30 – ca. 20:45 Uhr.
(Vorher Kuratorenführung von 18-19 Uhr)

Museumseintritt: 5 € (bis 18 Jahre Eintritt frei).
Inkl. Talk und Kuratorenführung.

Eine Anmeldung ist nicht notwendig.

Adresse
Museum für Hamburgische Geschichte
Großer Hörsaal
Holstenwall 24
20355 Hamburg

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Mit freundlicher Unterstützung:

Das Gesprächsformat wird gefördert von der Stiftung wissensART, die damit einen Beitrag leisten möchte, Kunst und Zeitgeschichte im Zusammenhang erfahrbar zu machen.

EINE STADT WIRD BUNT wird gefördert durch die Behörde für Kultur und Medien Hamburg,  Stiftung wissensART, dem Centre for the Study of Manuscript Cultures (CSMC), Cluster of Excellence “Understanding written artefacts”, der Universität Hamburg und Weischer Medien.